Caroline Wells Chandler, Freestyln (Bather), 2016
, Wolle, von Hand gehäkelt 2-teilig, 94 x 213 cm
Sammlung Kollitsch
Wie ein roter Faden zieht sich das Thema Transgender durch das gesamte Werk Caroline Wells Chandlers, in dem er, bezugnehmend auf seine eigene Geschichte, in farbenfrohen und strahlenden Häkelarbeiten der sinnlichen Freude über die gelungene Befreiung des eigentlichen und wahren Ichs aus der Gefangenschaft des falschen Geschlechts Gestalt gibt. Lediglich die Narben der Mastektomie, die deutlich als waagrechte Stiche unter der Brust dargestellt sind, erinnern an die schmerzhafte körperliche Reise und sind stumme Zeugnisse einer zurückliegenden Vergangenheit. Die gehäkelten Charaktere Chandlers lassen sich in Gruppen zusammenfassen, die aus verschiedensten Inspirationsquellen des Künstlers hervorgehen und vielschichtige Querverbindungen bis in die Bereiche der Kunstgeschichte herstellen, wie der „Bather“ aus der Werkserie „Freestyln“, die an Paul Cézannes „Die großen Badenden“ (1900–1906) anknüpft. Chandlers „Bather“, der eine Narbe unter der Brust trägt, verwehrt sich mit seinem unter Wasser liegenden und deshalb nicht sichtbaren primären Geschlechtsorgan einer eindeutigen Geschlechtszuordnung über das Äußere seines Körpers. Stattdessen lässt die, als Lücke zwischen den beiden Bildhälften entstandene Abstraktion, gleich einem Gendergap, einen Raum für nicht-binäre Geschlechtsidentitäten entstehen.
— Magdalena Koschat
Caroline Wells Chandler, Gretel, 2017
, Wolle, von Hand gehäkelt, 89 x 50 cm
Sammlung Kollitsch
Die gehäkelten Arbeiten Caroline Wells Chandlers zeigen verschiedene Charaktere, die sich in freudestrahlender Dynamik und in bunten, kräftigen Farben präsentieren und in einer natürlichen Selbstverständlichkeit das Thema Transgender zum Inhalt haben. Sie erzählen von der Reise durch die Geschlechterwelten in ihren vielfältigen Erscheinungsformen, der befreienden Verwandlung und einem Leben in neuer Vollkommenheit und Akzeptanz. Eine vertikale Linie dominiert ihre Körpermitte, die als Zitat aller Geschlechtsidentitäten wie auch als Narbe geschlechtsangleichender chirurgischer Maßnahmen gelesen werden kann und mannigfaltige Interpretationen zulässt, sich aber letztendlich eindeutigen Zuschreibungen und Kategorisierungen entzieht.
— Magdalena Koschat
Caroline Wells Chandler, Adalwine, 2017
, Wolle, von Hand gehäkelt, 87 x 44 cm
Sammlung Kollitsch
Caroline Wells Chandler, Rainbow Bright (Orgin), 2015
, Wolle, von Hand gehäkelt, 160 x 185 cm
Courtesy der Künstler und Roberto Paradise, San Juan
Die großformatige Häkelarbeit Rainbow Brightist Teil der Werkserie „Orgin“ (Wortschöpfung aus den Begriffen „origin“ und „organ“) Caroline Wells Chandlers, dessen künstlerische Kernthemen Transgender und den Aufbruch aller Geschlechtergrenzen bilden. Schon der Name „Orgin“ lässt einen Bezug zu Gustave CourbetsL‘Origine du monde(Der Ursprung der Welt, 1866) mit der Nahansicht des weiblichen Geschlechts erahnen. Darüber hinaus greift Chandler darin die Charaktere der Disco-Band „Village People“ auf, die männliche Stereotype verkörpern und mit homosexuellen Klischees assoziieren. Lächelnd zeigen sie ihre Narben der Mastektomie und ihrer Körpermitte entspringen farbenprächtige Regenbögen, die sich mit einer alles überstrahlenden Selbstverständlichkeit über jegliche Geschlechterzuordnung zu erheben scheinen.
— Magdalena Koschat