Wie ein roter Faden zieht sich das Thema Transgender durch das gesamte Werk Caroline Wells Chandlers, in dem er, bezugnehmend auf seine eigene Geschichte, in farbenfrohen und strahlenden Häkelarbeiten der sinnlichen Freude über die gelungene Befreiung des eigentlichen und wahren Ichs aus der Gefangenschaft des falschen Geschlechts Gestalt gibt. Lediglich die Narben der Mastektomie, die deutlich als waagrechte Stiche unter der Brust dargestellt sind, erinnern an die schmerzhafte körperliche Reise und sind stumme Zeugnisse einer zurückliegenden Vergangenheit. Die gehäkelten Charaktere Chandlers lassen sich in Gruppen zusammenfassen, die aus verschiedensten Inspirationsquellen des Künstlers hervorgehen und vielschichtige Querverbindungen bis in die Bereiche der Kunstgeschichte herstellen, wie der „Bather“ aus der Werkserie „Freestyln“, die an Paul Cézannes „Die großen Badenden“ (1900–1906) anknüpft. Chandlers „Bather“, der eine Narbe unter der Brust trägt, verwehrt sich mit seinem unter Wasser liegenden und deshalb nicht sichtbaren primären Geschlechtsorgan einer eindeutigen Geschlechtszuordnung über das Äußere seines Körpers. Stattdessen lässt die, als Lücke zwischen den beiden Bildhälften entstandene Abstraktion, gleich einem Gendergap, einen Raum für nicht-binäre Geschlechtsidentitäten entstehen.
— Magdalena Koschat