Anna Jermolaewa, die als russische Dissidentin 1989 nach Österreich kam, setzt sich in ihrem Werk vielfach mit der Geschichte der Sowjetunion auseinander, die sie gleichermaßen scharfsinnig wie humorvoll kommentiert. In Ribs sehen wir Leuchtpulte mit Röntgenbildern, die die Form von Schallplatten haben und auch als solche fungierten. Mit ihrem spitzfindigen Blick auf die Kultur der Sowjetunion hat Anna Jermolaewa in Erfahrung gebracht, wie das Verbot, westliche Popmusik zu hören, damals umgangen werden konnte. Geschickte Tontechniker*innen hatten eine Alternative entwickelt, indem sie die Musik auf von Spitälern weggeworfene Röntgenbilder kopierten, die auf Plattenspielern abgespielt werden konnten. Als Tonträger waren diese nicht verdächtig und wurden unter den Namen „Ribs“ im Sinne von Rippen oder Knochen bis zum Aufkommen der Audiokassetten gehandelt. Jermolaewas Sammlung stellt heute auch ein wichtiges historisches Dokument dar.
Text: Susanne Neuburger